Marktberichte

Carmignacs Note vom 28.11.2022

Neue Weltordnung, Inflation und Marktgelegenheiten

Die Inflation und ihre Schwankungen bleiben das beherrschende Thema der kommenden Jahre für unsere Wirtschaft, die Märkte und unsere Vermögen. Die hohe Wahrscheinlichkeit einer schwankenden, aber dauerhaften Inflation ist mit einer tiefgreifenden Umwälzung der Weltordnung verbunden, die von den Amerikanern nach 1945 um ein Finanzsystem aufgebaut wurde, das auf die USA ausgerichtet ist. Sie stellten die internationale, frei konvertierbare Währung, die durch eine vorherrschende diplomatische, militärische und wirtschaftliche Stellung gerechtfertigt und garantiert wurde. Der amerikanische Anleihenmarkt galt als letztendlicher sicherer Hafen, der ermöglichte, die vom Rest der Welt als Gegenleistung für ihre Exporte in die USA eingenommenen Dollars in US-Schatzanweisungen zu investieren und dafür einen sicheren und ausreichende Ausgleich zu erhalten. Dieses System begünstigte insbesondere die Wiederverwertung von Petro-Dollars, die den USA ermöglichte, ihre durch ihre Abhängigkeit von ausländischen Erzeugnissen bedingten Defizite zu finanzieren. Dieses System hat das Ende der Konvertierbarkeit des Dollars in Gold im Jahr 1971 überlebt. Dann hat es sich im Zuge des Falls der Berliner Mauer im Jahr 1989 und des Beitritts Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 2001 ausgeweitet und verstärkt. Europa sollte nach dem Mauerfall von billiger russischer Energie profitieren, die in Euro bezahlt wurde. China sollte wiederum die Erweiterung der WTO zugutekommen, da es seine kostengünstigen Erzeugnisse zu einem für das Land sehr vorteilhaften Wechselkurs in die USA und den Rest der Welt exportieren konnte. Diese vorteilhafte Situation ermöglichte ihm ein rasantes technologisches und wirtschaftliches Aufholen und trug zu geringer Inflation im Industrieländeruniversum bei. Im Gegenzug machte sich China, ähnlich wie die Golfstaaten, an die Wiederverwertung der Dollars aus seinen Handelsüberschüssen, indem es US-Schatzwechsel kaufte, sodass die USA der „verlässliche Konsument“ der Weltwirtschaft, der Weltpolizist und das Schutzschild Europas (NATO) bleiben konnten.

Diese amerikalastige Weltordnung scheint nun schnell zu zerfallen. Zunächst wurde den USA unter Donald Trump das Aufstreben eines gefährlichen Konkurrenten bewusst: China. Die von den Amerikanern ergriffenen Schutzmaßnahmen werden die Lust Chinas dämpfen, weiterhin Schuldtitel der USA anzuhäufen. China zieht es nunmehr vor, seine neue Seidenstraße zu entwickeln, die ihm andere Möglichkeiten des Handels und der Energiebeschaffung eröffnen werden. Saudi-Arabien wiederum ist nicht mehr der treue Verbündete Washingtons. Es führt nicht mehr jede von den Amerikanern geforderte Anpassung der Produktion aus, weil sich diese nunmehr um eine wirtschaftliche und politische Neugewichtung unter den Mächten des Nahen Ostens bemühen, was sich mit der geringeren Abhängigkeit der USA von saudischem Rohöl erklären lässt. Der Krieg in der Ukraine lässt wiederum durch die von ihm verursachte Verteuerung der Energiepreise die Handelsbilanzüberschüsse Japans und Europas schrumpfen, die damit ihre Fähigkeit einbüßen, durch den Kauf von amerikanischen Schatzwechseln die USA zu finanzieren. Vor allem haben letztendlich die gegen Russland verhängten Sanktionen – insbesondere die Beschlagnahmung seiner Vermögenswerte in US-Dollar und sein Ausschluss aus den wichtigsten internationalen Zahlungssystemen – den Status von Dollar und US-Treasuries als sicherer Hafen erheblich lädiert. Was bedeutet denn eigentlich sicher, wenn der Hafen einem von heute auf morgen weggenommen werden kann? Die mühelose Finanzierung der Defizite und der Schulden der USA geht vor unseren Augen zu Ende und mit ihr die Pax Americana, die seit 1945 auf der Welt herrschte. Die Zerstörung dieses Gleichgewichts, das die Entwicklung des Welthandels und seine Disinflation ermöglicht hatte, führt zu einer wirtschaftlichen Abkapselung, die inflationär sein wird und kriegerische Initiativen fördern wird. Der vorhersehbare Verlust der wirtschaftlichen Effizienz in Verbindung mit demografischen Aspekten und neuen gesellschaftlichen, ebenfalls inflationären Trends, die wir in einer vorangegangenen Note erwähnten, lässt uns geradewegs in eine neue wirtschaftliche Weltordnung eintreten, die eine tiefgreifende Transformation von Anlagestrategien erfordert, die sich in unseren Mischfonds bereits weitgehend vollzieht.

Diese Transformation spricht jedoch aus unserer Sicht nicht gegen ein erneutes taktisches Exposure gegenüber Risikoanlagen. Anleihen bieten mittlerweile Renditen, die eher zu den erwarteten Inflationsniveaus und den erhöhten Schwierigkeiten der Finanzierung amerikanischer Staatsschulden passen. Ihre Rendite wird sich stabilisieren können und die Bewertung von Aktien begünstigen. Zudem sind kurzfristig durchaus gute Nachrichten denkbar, nämlich dass erste deutliche Anzeichen einer künftigen Mäßigung im Ukraine-Krieg erkennbar werden und dass sich die Aussichten auf eine Beendigung der Null-Covid-Politik in China, die zu einer sehr ausgeprägten Wachstumsabschwächung beigetragen hat, konkretisieren. Diese beiden Möglichkeiten hätten anfangs gewiss auch inflationäre Auswirkungen, da sie die weltweite Nachfrage antreiben würden, aber sie würden auch einen Rückgang der Energiepreise und einen reibungsloseren Warenfluss in den Lieferketten ermöglichen. Vor allem aber würden sie dem Konjunkturabschwung in den USA und Europa Einhalt gebieten, der durch die immer noch andauernde geldpolitische Straffung und die Energiepreise hervorgerufen wurde. Die Rückkehr des Konjunkturzyklus bewirkt ein Schwanken der Inflation, die für mehrere Quartale auf dem Rückzug zu sein scheint, was möglicherweise zu einer Neubewertung von Finanzanlagen führen kann. Die Umkehr der Erwartungen in Bezug auf die Straffung der Geldpolitik dürfte den Märkten in den kommenden Monaten unter die Arme greifen. Aktien von Unternehmen, die aufgrund ihrer hohen Bewertung am stärksten zu leiden hatten, könnten eine Verschnaufpause bekommen, die man zu nutzen verstehen muss, um die Arbitrage zugunsten von unterbewerteten, an der Börse allzu lang vernachlässigten Unternehmen der „alten Wirtschaft“ zu verstärken. Die Aktienmärkte dürften unter ihrem Einfluss die seit einigen Wochen zu beobachtende taktische Erholung fortsetzen und dabei das Aufkommen einer neuen Performance-Hierarchie unter den Sektoren bestätigen.

Doch diese Rückkehr des Optimismus ist kein Anzeichen für die Rückkehr einer dauerhaft geringen Inflation. Die oben beschriebene neue Weltordnung dürfte nämlich durch ihre zahlreichen Ineffizienzen zu einer strukturellen Inflation beitragen.

In einem solchen Umfeld könnte es entscheidend sein, zu den ersten zu gehören, die die nächste Trendwende der Inflation nach oben richtig erkennen, um die Portfolios auf den Aktien-, Anleihen- und Devisenmärkten so effizient wie möglich zu positionieren. Die Schwankung der Inflation, die die Rückkehr des Konjunkturzyklus gewährleistet, den es zehn lange Jahre nicht gegeben hat, muss jeder von uns als Chance verstehen, dass die aktive Verwaltung, zu deren glühendsten Verfechtern Carmignac gehört, wieder in den Vordergrund tritt.


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